Das E-Learning ABC – K wie Kollaboratives Lernen
K wie Kollaboratives Lernen
Kollaboratives Lernen bedeutet in der Gruppe zu lernen. Denke ich an E-Learning, dann ist das meistens alles andere als kollaborativ – ich habe die Vorteile vor Augen, die meinem persönlichen Lernverhalten entgegenkommen: etwa die freie Wahl von Materialien, Medien, Ort und Zeit zum Lernen.
Das könnte auch daran liegen, dass viele Studien sich bisher meistens lediglich mit den Lernprozessen einzelner Personen beschäftigt haben und Gruppenlernen wenig bis gar nicht berücksichtigten. Dabei kann E-Learning mehr!
Zentraler Bestandteil des kollaborativen Lernens ist natürlich die Kommunikation. Beim E-Learning können wir synchron oder asynchron kommunizieren. Die Unterschiede und Ihre Eigenschaften habe ich einmal übersichtlich zusammengefasst:
Synchrone Kommunikation | Asynchrone Kommunikation |
---|---|
(nahezu) zeitgleicher Informationsaustausch z. B. Chat, digitale Lernspiele, Instant Messanging, Video-/Telefonkonferenz |
zeitlich versetzter Informationsaustausch z. B. E-Mails, Foren, Newsgroups, Wikis |
Eigenschaften: regt zur Debatte über Themengebiet an |
Eigenschaften: Zeit für Reflexion, Ausarbeitung von Beiträgen |
Warum sollte ich?

Ein beliebtes Beispiel für ein kollaboratives Projekt ist Wikipedia. Die Psychologen Schroer und Hertel untersuchten 2009 was die wichtigsten Motive sind, um aktiv an Wikipedia mitzuwirken. Dabei gaben die meisten Befragten an, dass Spaß an der Arbeit, der freie Wissenszugriff für alle Menschen und der Lernaspekt die wichtigsten Gründe seien. Menschen, die nicht an Wikipedia mitwirkten, sagten aus, dass sie darin keinen Sinn sähen, der Zeitaufwand zu groß sei und sie nicht wussten, was sie selbst beisteuern könnten.
Man nimmt an, dass Lernende beim kollaborativen Lernen besonders engagiert und aktiv teilnehmen, weil Aufmerksamkeit und Motivation dabei gefördert werden. Gelerntes bleibt länger im Gedächtnis und metakognitive Kompetenzen werden gestärkt. Durch die Perspektivwechsel und den Vergleich unterschiedlicher Sichtweisen und Herangehensweisen, geht der Wissenserwerb geht besser vonstatten und der Lernende verarbeitet Inhalte tiefer.
Es können beim kollaborativen Lernen allerdings auch Probleme auftreten. Durch die zusätzliche Interaktion von Lernenden kommt es zu größerem Koordinierungsaufwand. Die Gruppe tauscht sich nicht effizient aus oder womöglich werden Ressourcen verschwendet. Hierbei lässt sich beobachten, dass manche Lernende das Arbeiten in Gruppen vermeiden, oder sie sich weniger beteiligen, weil ihr eigener Arbeitsaufwand nicht bewertet wird. Dadurch kann es zu schlechteren Leistungen kommen und die zuvor motivierten Gruppenmitglieder verlieren wiederum die Lust.
Gute Zusammenarbeit will gelernt sein
Das Phänomen kennen wir alle noch aus der Schule: Es gibt die Faulenzer bei der Gruppenarbeit. Durch Trittbrettfahrer leidet möglicherweise das Ergebnis, ziemlich sicher aber die Stimmung in der Gruppe. Ich erinnere mich, dass Gruppenarbeit bei einigen Klassenkameraden geradezu verhasst war. Dabei ist es in vielen Situationen unverzichtbar zusammenzuarbeiten – ob im Job, beim Teamsport, in der Familie, oder unter Freunden. Wir müssen uns ab und zu auf andere verlassen können und haben auch selbst eine Verantwortung der einen oder anderen Gruppe gegenüber.
Das computergestützte Planspiel Fort Fantastic ist ein Beispiel für kollaboratives Lernen zum einen und zum anderen auch ein Training für bessere Zusammenarbeit und Social Skills an sich. Hierbei trägt jeder Teilnehmer Verantwortung und nur durch das Zutun aller Beteiligten kann das Team im Wettbewerb bestehen. In den Reflexionsrunden werden nicht nur Managementmethoden, Prozesse und Vorgehensweisen analysiert und verbessert, sondern wie ein erhellender Nebeneffekt findet auch Selbstreflexion statt – Wie wirke ich auf meine Kollegen? Agiere ich unter Stress anders? Warum halte ich das Verhalten anderer für angemessen oder unangemessen?
Pros und Contras einer Lerngruppe
Laut empirischer Befundlage schneiden Gruppenarbeiten im Vergleich zur Einzelarbeit besser ab, je komplexer die Aufgabe ist. Da in einer Gruppe mehrere Arbeitsgedächtnisse zusammenwirken, können Aufgaben noch lösbar sein, die die Kapazität eines Einzelnen übersteigen. Bei leichteren Aufgaben wird der Vorteil der Gruppenarbeit jedoch aufgehoben oder sogar überstiegen. Das liegt daran, dass die Kommunikations- und Koordinierungsprozesse zwischen den einzelnen Lernenden dann mehr Aufwand als Nutzen hervorrufen.
Es besteht beim kollaborativen Lernen eine größere Diskrepanz zwischen Lern- und Testphase, als beim individuellen Lernen. Während man gemeinschaftlich etwas erarbeitet, erfolgt die spätere Leistungsüberprüfung und Bewertung des Gelernten meistens individuell. In einer Prüfung wird zudem eher Abfragewissen getestet, was während einer Gruppenarbeit weniger im Zentrum steht.
Ich fälle kein Urteil darüber, ob man nun besser allein oder gemeinsam lernt. Es kommt eben ganz auf die Aufgabenkomplexität und das Lernziel an. Definitiv lässt sich sagen, dass kollaboratives Lernen seine Berechtigung hat, da es unter verschiedenen Gesichtspunkten Vorteile zum individuellen Lernen hat. Um das Potenzial voll auszunutzen, sollten kollaborative Lernumgebungen (wie jede Lernumgebung) möglichst lernförderlich gestaltet sein.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Blogparade. Dabei werden bis Dezember 2017 alle Buchstaben des Alphabets abgehandelt und so viele Begriffe wie möglich aus dem Bereich E-Learning erklärt. Jeder ist eingeladen mitzumachen!
Möchten Sie mehr über kollaboratives Lernen erfahren?
Melden Sie sich bei uns, wenn Sie Fragen haben oder eines unserer Formate ausprobieren möchten.
Zum Kontaktformular
Melden Sie sich für den Newsletter an, um über unsere Entwicklungen und Angebote auf dem Laufenden zu bleiben.
Zum Newsletter anmelden
Hallo Mareike,
danke für diesen Beitrag und die „Pros und Contras zum kollaborativen Lernen“.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen können einige der Contras durch einen professionellen „Begleiter des E-Learning Szenarios“ im Griff behalten werden, sodass ich finde die Vorteile überwiegen.
Herzliche Grüße
Anja
Hallo Anja!
Ja, ich denke auch, dass sich die Contras minimieren lassen. Dein Vorschlag mit einem Begleiter könnte sicherlich dazu beitragen. Denkst du dabei an den Dozenten/Trainer selbst oder ein Gruppenmitglied, dass die Führungsposition einnimmt?
Vielleicht wird ja die freie Entfaltung der Gruppe beeinträchtigt, wenn der Trainer bei (synchronen) Gruppenmeetings dabei ist. Ich gehöre jedenfalls zu den Menschen, die sich ungern beim Lösen von Aufgaben vom Lehrer über die Schulter schauen lassen. 😉
Beste Grüße,
Mareike